EDUARD NEMETH
ARMATA ÎN SUD-VESTUL DACIEI ROMANE / DIE ARMEE IM SÜDWESTEN DES RÖMISCHEN DAKIEN


EINLEITUNG

Versiunea română - Rumänische Fassung

Die vorliegende Arbeit behandelt ein Thema, das beim ersten Blick keine Schwierigkeiten bereiten dürfte. Tatsächlich gibt es eine beachtliche Fachliteratur, die im Laufe der Zeit sich mit dem südwestlichen Teil des römischen Dakien beschäftigt hat. Weiter unten werden wir uns mit der Forschungsgeschichte auseinan-dersetzen. Hier sei nur gesagt, daß trotz vieler wertvoller Beiträge verschiedener in- und ausländischer Fachleute, unser Bild über das römische Verteidigungssystem im Südwesten Dakien noch ziemlich lückenhaft bleibt. Diese Situation ist vor allem eine Folge unzureichender archäologischer Untersuchung der römischen Kastelle und Straßen, die Hauptpfeiler eines jeden Grenzsystems des Imperium Romanum waren. Von vielen Kastellen muß man leider sagen, daß sie mehr besucht als untersucht wurden. Dies führte zum Ergebnis, daß unser allgemeines Bild über die römischen militärischen Anlagen in Südwestdakien zwar in seinen allgemeinen Zügen klar scheint, die Einzelheiten in manchen Fällen aber immer noch im Dunkel bleiben. Daher rühren andererseits schwerwiegende Unklarheiten, was die Datierungen, Besatzungen und den Verlauf der Reichsgrenze auf diesem Gebiet betrifft. Diese Hauptelemente sind heute noch Gegenstände von Debatten, die nicht immer auf wissenschaftlichen Grundlagen geführt wurden. Wir haben uns nicht vorgenommen, zu allen Fragen dieses Themas endgültige Antworten zu geben. Vielmehr möchten wir die zur Verfügung stehenden Informationen einer möglichst objektiven und gleichzeitig vorsichtigen Analyse unterziehen.
Als methodische Bemerkung sei noch vorausgeschickt, daß ich in meiner Arbeit einfachheitshalber oft die Bezeichnung "das Banat" für das behandelte Gebiet verwenden werden. Es handelt sich um eine Bezeichnung, die aus dem Mittelalter stammt und bezieht sich auf das Gebiet, das sich zwischen dem Unterlauf der Marosch (rum. Mureş, ung. Maros) im Norden, dem Unterlauf der Theiß (rum. Tisa, ung. Tisza) im Westen, der Donau im Süden und dem sogenannten Korridor der Flüsse Tscherna (Cerna, Cserna) und Temesch (Timiş, Temes) im Osten erstreckt (siehe Karte, Abb. 1).

Die geographischen Gegebenheiten

Vom Gesichtspunkt der Bodenbeschaffenheit her gibt es im Banat drei geographische Haupteinheiten: Die Gebirgs-, die Vorgebirgs- und die ebene Zone. Dies macht aus dem Banat im Hinblick auf seine Geographie und Geomorphologie ein ziemlich heterogenes Gebiet. Die Bodenfläche hat eine amphiheaterartige Struktur, die vom Osten nach Westen allmählich abfällt. Die Gebirgszone befindet sich im östlich-mittleren, südöstlichen und östlichen Teil und hat zwei großen Höhestufen. Die höchste Stufe, mit maximalen Höhen von über 2000 m, umfaßt die westliche Reihe der Südkarpaten, nämlich die westlichen Abhänge der Godeanu-, Ţarcu- und Cerna-Gebirge. Diese Gebirge haben eine eruptive und kristalline Struktur, mit Ausnahme von den Cernei-Gebirgen, wo das Vorhandensein der Kalksteine die Bildung von Karsterscheinungen bzw. von zahlreichen Höhlen erlaubten. Die zweite Höhestufe der Berge, mit maximalen Höhen bis 1500 m, umfaßt die Banater Berge (die Gebirge Poiana Ruscă, Semenic, Dognecea, Anina, Almăj und Locva). Ebenfalls in der Gebirgszone des Banates befinden sich einige Senken, welche seit der Vorgeschichte günstige Bedingungen für die menschliche Besiedlung boten. Die wichtigsten Senken sind diejenigen, welche den Korridor Timiş-Cerna bilden. Hier hat der Fluß Timiş (Temesch) ein tiefes Tal gebildet, wo breitere Becken und enge Klammen in hartem Gestein aufeinander folgen. Im südlichen Teil dieses Korridors verläuft das Cerna-Tal. Nördlich von ihm liegen die Senken Mehadica und Caransebeş. Sie werden durch den Domaşnea-Paß (oder Porta Orientalis) miteinander verbunden. Südwestlich von diesen Senken erstreckt sich in Richtung Westen die Almăjului-Senke (oder Bozovici-Senke), welche vom Fluß Nera durchquert wird. Der Fluß bildet v.a. am südlichen Ufer mehrere Flußterrassen (bis 7). Die Caransebeş-Senke wird ebenfalls vom Temesch durchquert. Hier sinkt die Höhe von 540 m in der Porta Orientalis bis 400 m in der Nähe der Stadt Caransebeş, wo auch Tibiscum liegt. Da bildet der Temesch auf seinem rechten (östlichen, bzw. nördlichen) Ufer desgleichen Flußterrassen. Von der Caransebeş-Senke nach Osten erstreckt sich das Bistra-Tal. Hier begann der Verbindungsweg zwischen dem Banat und der Hatzeg-Senke, ein Weg, dem auch die römische Kaiserstraße von Tibiscum nach Ulpia Traiana Sarmizegetusa folgte. Hier liegt das Höhe-Niveau bei 600 m. Weiter nach Norden wird der Timiş-Cerna-Korridor immer breiter und mündet in die Lugoj-Hochebene, welche vom Oberlauf des Flusses Bega überquert wird.
Von großer Bedeutung für das Banat sind die zwei großen Flüsse, die Marosch (Mureş) und die Donau. Die zwei Flüsse begrenzen das Banat nach Norden bzw. nach Süden. Da sie - obwohl in entgegengesetzten Richtungen - entlang der West-Ost-Achse fließen, waren sie seit der Frühzeit wichtige Zugangs- und Ausgangswege des Banates. Die Banater Strecke der Donau hat eine Länge von ca. 230 km von der Einmündung der Theiß bis zu derjenigen der Cerna. Ungefähr über die Hälfte dieser Länge fließt die Donau durch den gebirgigen Teil des Gebietes, wo sie die Banater Berge von den transdanubischen Karpaten trennt. Hier bildet die Donau ein Defilee, das ca. 300-400 m tief im Gebirgsmassiv liegt. Entlang dieser Strecke wechseln sich kleine hügelige Becken (Moldova Veche, Liubcova, Sviniţa, Dubova, Orşova) mit engen Klammen (Pescari-Alibeg, Berzasca-Greben, Cazanele Mari und Cazanele Mici) ab.
Der Unterlauf der Marosch begrenzt das Banat nach Norden. Im östlichen Teil des Marosch-Unterlaufes gibt es ein höheres Relief, das aus dem Poiana Ruscă-Massiv und den Lipova-Hügeln südlich des Flusses und den Zărand-Bergen nördlich von diesem besteht. Der westliche und letzte Teil des Marosch-Unterlaufes bildet zahlreiche Mäander und Flußterrassen bis in der Nähe der Mündung der Marosch in die Theiß. Entlang der Marosch und auf dem Fluß selbst gab es sowohl vor als auch in der Römerzeit einen regen Verkehr.
Die Vorgebirgszone liegt von der Gebirgszone nach Westen bis zu einer Linie, die die Ortschaften Vinga, Lugoj, Gătaia, Jamu Mare und Vršac verbindet. Die Höhe dieser Zone schwankt zwischen 400 m in ihrem östlichen Teil bis 200 m im westlichen Teil. Die Abhänge fallen sanft ab, die Täler sind breit und tief, mit Terrassen. Die Vorgebirgszone umfaßt mehrere geographischen Einheiten, welche, vom Norden nach Süden, die folgenden sind: Die Lipova-Hügel (auch Lipova-Hochland), die Surducului-Hügel, die Pogăniş-Hügel, die Sacoş-Zăgujeni-Hügel, die Oraviţa-Hügel und die Bozovici-Hügel.
Die Ebene liegt westlich von der Vorgebirgszone und weist dieselbe Neigung vom Osten nach Westen auf. Die Höhe sinkt hier von ca. 100 m auf ca. 80 m in der Nähe der Theiß. Diese Zone hat zwei geographischen Einheiten, nämlich die hohe und die niedrige Ebene. Die hohe Ebene erscheint wie ein Übergang von der Vorgebirgszone zur niedrigen Ebene. Sie besteht aus den Ebenen von Vinga, Făget, Lugoj, Gătaia, Şipot, Caraş und dem östlichen Teil der Moraviţa-Ebene. Die niedrige Ebene im äußersten Westen des Banates hat ebenfalls einige Unterteilungen: Die Ebenen Torontal, Timiş, der westliche Teil der Moraviţa-Ebene, die Sanddünen des Deliblats und das niedrige Ostufer der Theiß. Hier befinden sich heute noch die Spuren von einstigen nicht sehr tiefen Tälern, welche von den hier langsam fließenden Flüssen gebildet wurden und eine deltaähnliche Landschaft gestalteten. Am Ostufer der Theiß und in manchen Teilen der niedrigen Ebene gab es regelrechte Sümpfe. Alle diese Täler und Sümpfe wurden beginnend mit dem 18. Jh. reguliert bzw. trockengelegt. Dieses Gebiet stellte eine besondere Region auch vom Gesichtspunkt der römischen militärischen Organisation her dar und wies spezifische Merkmale auf, wie dies in unserer Arbeit umrissen werden wird.
Das hydrographische Netz besteht aus Flüssen, die, wegen der Neigung des Reliefs, alle nach Westen oder Südwesten fließen, mit Ausnahme des Temesch-Oberlaufes (nach Norden), der Cerna (nach Süden) und der Donau (nach Osten). Die Hauptflüsse außer der Marosch und der Donau sind (vom Norden nach Süden) die Bega, der Temesch (Timiş), die Bârzava (ein Zufluß des Temesch), die Moraviţa und der Caraş.
Das Klima des Banates kann als gemäßigtes Kontinentalklima bezeichnet werden. Hier gibt es ebenfalls Einflüsse des Mittelmeerklimas vom Adriatischen Meer her. Im Winter gibt es häufig Wärmeperioden. Das Frühjahr ist im allgemeinen frühzeitig. Die Niederschläge fallen in relativ großen Mengen im Vergleich zum üblichen Landklima.
Forschungsgeschichte

Die römischen Altertümer aus dem Banat erweckten relativ früh das Interesse verschiedener in- und ausländischen Reisenden, Altertumsforschern oder einfachen Antiquitätenliebhaber. Am Ende des 17. Jhs. unternahm Luigi Ferdinand Marsigli (1658-1730), ein Italiener im öster-reichischen kaiserlichen Dienst, eine Reise an der mittleren und unteren Donau und beschrieb u.a. die antiken Denkmäler, die er besuchte, in einem monumentalen Werk: Danubius pannonico-mysicus observationibus geographicis, astronomicis, physicis perlustratus ab Aloysio Ferd. Com. Marsili, I-II, Hagae-Amstelodami 1726 (diese ersten zwei Bände beziehen sich auf das hier behandelte Gebiet). Besonders wertvoll für uns ist, daß Marsigli nicht nur, nach dem allgemeinen Usus der Zeit, Inschriften, Kunstwerke oder Münzen beschrieb, sondern auch die Ruinen mancher Kastelle und spätrömischer Befestigungen besuchte, u.a. auch die Kastelle von Mehadia - Praetorium? und Jupa-Tibiscum. Dabei sei angemerkt, daß zu der Zeit viele Mauern, vor allem diejenigen der spätrömischen Bauten, noch aufrecht standen. Es ist offensichtlich, daß Marsigli vor Ort war, da seine Beschreibungen und Zeichnungen in den meisten Fällen zutreffend sind und mit den Ergebnissen der heutigen Forschung in vielerlei Hinsicht übereinstimmen.
Unter der österreichischen Verwaltung (seit 1716) begannen im Banat Ausgrabungen, die sich allerdings auf die fundreichen Objekte der Provinz konzentrierten, wie etwa Herkulesbad (Băile Herculane, antiker Name Ad Mediam?), wo 1734-1735 der Gouverneur der Banater Provinz A. Hamilton Grabungsarbeiten durchführte. Die Funde wurden von Pascalis Caryophilus (Pascale Garofalo) in zwei Büchern publiziert: De Thermis Herculanis nuper in Dacia detectis. Dissertatio epistolaris, Wien 1737 und De antiquis marmoribus opusculum, cui accedunt dissertationis IV numini maiestatique Caroli VI magni augusti dicatum, Wien 1738.
Zwischen September 1774 und Februar 1777 hielt sich im Banat Francesco Griselini (1717-1783) auf. Der italienische Erudito, ebenfalls im österreichischen Dienst, veröffentlichte die Resultate seiner Beobachtungen in einem Buch in zwei fast gleichzeitig erschienenen Versionen, eine 1780 in Mailand in italienischer und die andere 1779 und 1780 in Wien, in deutscher Sprache. Die letztere trägt den Titel Versuch einer politischen und natürlichen Geschichte des temeswarer Banats in Briefen an Standespersonen und Gelehrte. Die zwei Versionen unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht, wir werden uns aber an der deutschen Version (die 1984 auch in rumänischer Sprache übersetzt wurde)1 halten. Im ersten Brief des ersten Teiles ("Die politische Geschichte des temeswarer Banats. Die Sitten..." usw.) skizzierte Griselini eine Geschichte der Provinz beginnend mit der Römerzeit bis 1456. Der Brief spiegelt die Kenntnisse der Zeit wider, auf die Griselini sich stützt, wie auch die Gewohnheit, Zitate antiker Autoren aus dem Kontext gelöst einem begrenzten Subjekt anzupassen. Viel wichtiger für uns ist aber der 9. und letzte Brief dieses ersten Teiles über die Überreste der römischen und barbarischen Altertümer aus dem Temeswarer Banat. Neben den Texten von 26 vollständigen oder fragmen-tarischen Inschriften (z.T. schon von Garofalo oder Marsigli aufgezeichnet) beschrieb und zeichnete Griselini römische Münzen, Statuen, die Ruinen der Apollodorus-Brücke bei Drobeta, römische Bergwerke in den Banater Bergen, die Erdwälle der Banater Ebene usw.
Diese erste Etappe der Altertumsforschung im Banat endete mit der Tätigkeit des orthodoxen Pfarrers Nicolae Stoica de Haţeg, der am Anfang des 19. Jhs. einige neue römerzeitlichen Funde in seiner Cronica Banatului ("Chronik des Banates") beschrieb. In der folgenden Periode, bis zum Ende des 19. Jhs., zeichneten sich v.a. Epigraphiker wie Floris (Florian) Rómer und Károly Torma aus, die alte und neue Inschriften auch aus dem Banat bearbeiteten.
Eine neue Etappe in der Banater archäologischen Forschung begann mit der ausgezeichneten Tätigkeit von Felix (Bodog) Milleker (1858-1942), dem Kurator des Museums aus Werschetz (Vršac, Serbien). Er verfasste eine Monographie über seine Heimatstadt: Geschichte der königlichen Freistadt Werschetz, (auch serbische und ungarische Versionen), Budapest 1886, wo er u.a. praktisch alle Informationen über die römerzeitlichen Funde aus dieser Stadt und der Umgebung vorstellte. Sein Hauptwerk war ein großes Register der Banater Altertümer aller Epochen: Délmagyarórszag régiségleletei a honfoglolás előtti időkből (Die Altertümer Südungarns aus der Zeit vor der Ansiedlung der Ungarn, wobei unter Südungarn das Banat zu verstehen ist2), Bd. I, Temeswar 1897, Bd. II, Temeswar 1899, Bd. III, Temeswar 1905, erschienen als Nummern der temeswarer Fachzeitschrift Tőrténelmi és Régeszeti Értesitő. Milleker führte selbst eine Reihe von Geländebegehungen und Grabungen durch, darunter einige auch in römerzeitlichen Objekten wie Vărădia/Arcidava?, Werschetz u.a. Die Arbeit von Milleker enthält wichtige Hinweise auch für den heutigen Archäologen. Auch andere temeswarer Althistoriker und Archäologen, Mitglieder der 1872 in Temeswar gegründeten "Gesellschaft für Geschichte und Archäologie Südungarns" betätigten sich mit der archäologischen Erforschung des Banates, v.a. mit Begehungen und dem Sammeln von Antiquitäten aus dem Banat und weniger mit systematischen Grabungen in römischen Objekten. Sie publizierten aber die römischen epigraphischen und numismatischen Funde und machten sie auf diese Weise der internationalen Forschung zugänglich.
Am Anfang des 20. Jhs. grub der General a. D. Nicolae Cena als erster im römischen Kastell seines Heimatdorfes Mehadia und publizierte einen Teil der Funde in Wien im Anzeiger der philosophischen-historischen Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom Jahr 1911.
Die ersten systematischen Grabungen in Jupa (Tibiscum) begannen nach dem ersten Weltkrieg (1923-1924) unter der Leitung des Klausenburger Professors G. G. Mateescu, der aber nicht mehr lange genug lebte, um die Ergebnisse publizieren zu können. In der Zwischenkriegszeit wurden die römischen archäologischen Objekte aus dem Banat kaum erforscht. Hervorzuheben sind jedoch die Geländebegehungen und die Publikationen von C. Daicoviciu und I. Miloia (s. "Literaturverzeichnis" unter den angeführten Namen). Eine Ausnahme stellten die Grabungen des Jahres 1932 vom Bukarester Professor Gr. Florescu in Vărădia dar. Die Ergebnisse dieser vereinzelten Grabungskampagne, die mit den archäologischen Methoden und Auffassungen jener Zeit geführt wurde, wurden zwei Jahre später veröffentlicht3.
Zwischen 1942-1943 wurden im Kastell und Kastellvicus von Mehadia systematische Grabungen von den Klausenburger Professoren M. Macrea und I. I. Russu eingeleitet und in den Jahren 1946-1948 fortgesetzt. Nur ein Teil der Ergebnisse wurden aber lange Zeit nach Macreas Tod (1967) von N. Gudea und I. Moţu publiziert4.
Nach dem zweiten Weltkrieg folgte eine Periode der Neuorganisierung der archäologischen und althistorischen Forschung im Banat. Das Banater Museum aus Temeswar zog in das Hunyade-Schloß um, wo es sich auch heute befindet. Weiterhin existierte aber leider keine althistorische und archäologische Abteilung an der Temeswarer Universität, was auch eine der Ursachen für den bescheidenen Umfang der betreffenden Forschung war. Der damalige Direktor des Banater Museums, M. Moga, begann 1964 systematische und kontinuierliche Grabungen in Jupa (Tibiscum), deren Ergebnisse aber von ihm nur summarisch publiziert wurden (s. "Literaturverzeichnis" unter Moga, M.). Zur gleichen Zeit wurden Grabungen im Legionslager von Berzovia (Berzobis) durchgeführt, die wegen der Lage des heutigen Dorfes über dem Lager flächenmäßig sehr beschränkt bleiben mussten. Die Grabungen wurden der Reihe nach von D. Protase, M. Moga, Fl. Medeleţ und R. Petrovszky durchgeführt (s. "Literaturverzeichnis"). In den 70er Jahren erschienen neue Fachzeitschriften der Banater Museen: Banatica in Reschitza (Reşiţa) seit 1971, Tibiscus in Temeswar (seit 1970), seit 1981 wieder unter dem Namen aus der Zwischenkriegszeit Analele Banatului, Neue Reihe und Studii şi Comunicări de Istorie in Karansebesch (Caransebeş) (seit 1979, ab 1986 Tibiscum). Eine Reihe von Grabungen in römischen Kastellen wurden eingeleitet: Surducul Mare (Centum Putea?) von D. Protase; Pojejena und Teregova (Ad Pannonios?) von N. Gudea (s. "Literaturverzeichnis") Es handelte sich aber lediglich um kurzzeitige Grabungen (höchstens 2-3 Kampagnen) die nur wenige Informationen liefern konnten. Es war trotzdem der Anfang einiger umfangreicheren Forschungen, die in den darauffolgenden Jahrzehnten in zwei Kastellen durchgeführt wurden und die auch heute noch im Gang sind: Jupa (Tibiscum) und Vărădia (Arcidava?). Die systematischen Grabungen im großen Auxiliarkastell von Tibiscum wurden, wie angedeutet, von M. Moga im Jahr 1964 eingeleitet. Der Direktor des Banater Museums leitete die Arbeiten in Tibiscum bis im Jahr 1975. Ein Teil der Ergebnisse, v.a. die Inschriften, die Geschichte der Truppen usw. wurden von M. Moga in Zusammenarbeit mit I. I. Russu und, ab 1975, mit D. Benea veröffentlicht (s. "Literaturverzeichnis"). Seit 1976 leitete der karansebescher Archäologe R. Petrovszky (derzeit im Historischen Museum der Pfalz, Speyer) die Grabungen im Kastell von Tibiscum; nach der Übersiedlung von R. Petrovszky in Deutschland leitet D. Benea die Grabungen im Kastell. Die Resultate dieser Etappen wurden in zahlreichen Aufsätzen und in einer monographischen Arbeit publiziert ("Literaturverzeichnis", unter Petrovszky, R. und Benea, D.). Dadurch kennen wir heute die aufeinanderfolgenden Bauphasen der römischen Befestigung von Tibiscum und die Besatzungen, was aus diesem Kastell eines der bekanntesten in Südwestdakien machte. Die Grabungen in Tibiscum werden nach wie vor fortgesetzt.
Am Ende der 80er Jahre wurde die systematische Erforschung der frühesten römischen Befestigung in Vărădia (Arcidava) von E. Iaroslavschi und O. Bozu eingeleitet. Man stellte fest, daß das Holz-Erde-Kastell auf dem Hügel "Chilii" nur für eine relativ kurze Zeitspanne während der und nach den dakischen Kriegen Trajans funktioniert hat5, wonach es durch das Steinkastell von Vărădia-"Pustă", am Fusse des genannten Hügels liegend, ersetzt wurde. Die bisherigen Resultate der Grabungen auf dem Hügel "Chilii" werden demnächst publiziert werden, während die systematische Erforschung des Steinkastells (Grabungen O. Bozu und E. Nemeth) erst am Anfang steht.
In den letzten drei Jahren wurde die Erforschung des Legionslagers von Berzobis von einem Forschungsteam wieder aufgenommen (Fl. Medeleţ, O. Bozu und Al. Flutur). Die bisherigen Ergebnisse wurden durch wissenschaftliche Mitteilungen bekannt gemacht. Desgleichen wurden seit dem Jahr 2001 die Ausgrabungen in den römischen Kastellen von Teregova (I. Piso, F. Marcu, A. Ardeţ, L. C. Ardeţ) und Mehadia (ein von D. Benea geleitetes Team) wiederaufgenommen.
Neben den archäologischen Grabungen in den römischen Objekten aus dem Banat und in Verbindung mit ihnen erschienen auch althistorische Beiträge betreffend die Region in der Römerzeit. Grundfragen dieser Studien waren natürlich die Ausdehnung des von den Römern besetzten Gebietes, der Verlauf der Grenze im Südwesten Dakiens und die Bewohner des Gebietes in der Römerzeit. Eine erste wichtige Etappe in dieser Hinsicht war die Zwischenkriegszeit, als sich prominente Althistoriker jener Zeit ausführlicher auch mit den genannten Fragen auseinandersetzten: Zu nennen sind vor allem C. Daicoviciu6, A. Alföldi oder C. Patsch7. Die historische Debatte, obzwar interessant, hatte zu jener Zeit viel zu wenige Stützpunkte, um zu einem akzeptablen Ergebnis zu gelangen, und war andererseits z.T. auch durch den politischen Kontext des zweiten Weltkrieges und die Probleme in den rumänisch-ungarischen Beziehungen jener Zeit ziemlich beeinträchtigt. C. Daicoviciu und C. Patsch unterstützten die Meinung, daß das ganze Banat bis zum Fluß Theiß Teil der dakischen Provinz war, während A. Alföldi meinte, der westliche Teil des Banates (der Großteil der Ebene) sei außerhalb der Provinz geblieben.
Erst beginnend mit den 60er Jahren wurde diesen Problemen neue Studien gewidmet. So publizierte 1967 D. Protase einen umfangreichen Beitrag über dieses Gebiet zur Zeit Trajans und am Anfang der Herrschaft Hadrians8, worin er sich für die Aufgabe der Kastelle und des Legionslagers von der Straße Lederata-Tibiscum durch Hadrian, gleichzeitig mit der Rückversetzung der Legion IIII Flavia nach Obermoesien, aussprach.
In derselben Periode erschienen allgemeine Werke wie diejenige von D. Tudor und die Tabula Imperii Romani, deren Teil L34 (Budapest 1968) auch das fragliche Gebiet umfaßt. Es handelt sich um zusammenfassende Arbeiten, welche die damaligen Kenntnisse mit topo- und kartographischen Methoden vorstellten. Relativ geringe Abschnitte in den großen Synthesearbeiten der 60er Jahre behandelten auch den südwestlichen Teil des römischen Dakien11.
In den 70er Jahren wurden zwei wichtige epigraphische Arbeiten herausgegeben, welche alle damals bekannten römischen Inschriften aus dem Banat umfaßten und heute noch unentbehrliche Arbeitsinstrumente sind, nämlich der Katalog der römischen Inschriften aus dem Banater Museum in Temeswar12 und der Band des Corpus der römischen Inschriften aus Dakien (IDR) für den südwestlichen Teil der Provinz13. Desweiteren erschien 1977 ein um- und zusammenfassender Aufsatz von N. Gudea über die Grenzen der dakischen Provinz14. Die grundlegenden Methoden und Theorien dieses Beitrags wurden von N. Gudea später mehrmals wiederaufgenommen15, der die Provinzgrenzen im Südwesten an der Marosch und der Theiß nachzeichnete.
Ein Syntheseversuch war auch der 2. Band des Buches von L. Mărghitan über das Banat im Lichte der Archäologie16, ein Beitrag, der die römische und nachrömische Zeit im Banat - leider nicht immer gelungen - behandelte.
Eine zusammenfassende Studie mit vielen originellen - wenn auch nicht immer begründeten - Hypothesen über die römische Armee im Banat veröffentlichten 1979 O. Răuţ und O. Bozu17.
In den 80er Jahren wurden mehrere Bücher und Aufsätze betreffend die Truppengeschichte in diesem Provinzteil publiziert. D. Benea veröffentlichte ihre Dissertation über die zwei obermoesischen Legionen - die legio VII Claudia und die legio IIII Flavia felix -, die auch für diesen Teil Dakiens eine wichtige Rolle gespielt haben18. Dieselbe Autorin publizierte Aufsätze über die Militäreinheiten aus Tibiscum, wo sie heuer die Grabungen leitet19. N. Gudea und I. Moţu veröffentlichten 1983 einen Aufsatz über das Banat in der Römerzeit20, der die verschiedenen Stellungnahmen bezüglich der Zugehörigkeit des Banates zur Provinz Dakien vorstellte, außerdem auch Bemerkungen, die dieses Gebiet in anderen prä- und althistorischen Epochen betreffen. Die Autoren sprachen sich für die Zugehörigkeit des ganzen Banates zur dakischen Provinz aus, und zwar für die ganze Zeit ihres Bestehens.
Die 90er Jahre brachten eine Mehrzahl von althistorischen Synthesen, die entweder gezielt oder nur periphär das hier behandelte Gebiet betreffen. Der Klausenburger Professor I. Piso publizierte 1993 seine Arbeit über die senatorischen Amtsträger Dakiens21. In den Kapiteln über die allgemeine Geschichte der dakischen Provinz(en) äußerte er sich auch über Südwestdakien, wobei er sich für die Zugehörigkeit des ganzen Banates bis zur Theiß zur Provinz Dakien aussprach22.
Die neuesten Beiträge stammen von D. Benea, die den Südwesten Dakiens in der trajanischen Zeit und im 3.-4. Jh n. Chr. behandelte23, M. Ðordević24, die die Daten für das Südbanat (= serbischer Teil des Banates) zusammenfaßte, N. Gudea25 und E. Nemeth26.
Die Forschungen der letzten Jahre versuchten, etwas mehr Licht auf das Bild des römischen Heeres in Südwestdakien zu werfen. Ich muß aber betonen, daß sie, obwohl äußerst nützlich, bei weitem noch nicht ausreichend für eine zufriedenstellende Kenntniss dieses Themenbereichs sind. Deshalb wird meine Arbeit zwangsläufig zahlreiche hypothetische Äußerungen enthalten. Von den zur Verfügung stehenden Daten ausgehend, werde ich versuchen, die wahr-scheinlichsten Schlußfolgerungen zu ziehen. Die vorliegende Arbeit muß naturgemäß die historischen und archäologischen Methoden und Daten miteinander kombinieren, ohne aber die technische Seite der archäologischen Forschung zu stark in den Vordergrund zu bringen. Sie ist ebenfalls durch den heutigen Forschungsstand des Themas in den beiden oben genannten Zweigen der Altertumswissenschaft geprägt. Andererseits muß bermerkt werden, daß die internationale althistorische und archäologische provinzialrömische Forschung wenn nicht identische, so doch manchmal ähnliche Fragen angesprochen hat. So kann man heute auch durch Vergleiche mit Situationen aus anderen Teilen des Imperium Romanum wertvolle Analogien finden, eine Methode, die für eine zeitgemäße Forschung der provinzialrömischen Geschichte unentbehrlich ist.


Note:
1 Fr. Griselini, Încercare de istorie politică şi naturală a Banatului Timişoarei, prefaţă, traducere şi note de C. Feneşan, Ed. Facla, Timişoara 1984.
2 S. F. Medeleţ, N. Toma, Muzeul Banatului. File de cronică, I, 1872-1918, Timişoara, 1997, S. 15.
3 In Istros, I, 1934, S. 60-72.
4 N. Gudea, I. Moţu, Praetorium. Castrul şi aşezarea romană de la Mehadia, Bucureşti 1993.
5 Freundliche Mitteilung E. Iaroslavschi und O. Bozu.
6 Z.B. Banatul şi iazigii, in Apulum, I, 1939-1942, S. 98-109.
7 Z.B. Die Roxolanen in der Walachei, Vortrag gehalten am 6. Internationalen Kongreß für Archäologie, Berlin 1939; Daci e Romani in Transsilvania, Budapest 1940.
8 Z.B. Der Kampf um den Donauraum unter Domitian und Trajan, Wien-Leipzig 1937.
9 D. Protase, Legiunea a IIII-a Flavia la nordul Dunării şi apartenenţa Banatului şi Olteniei de vest la provincia Dacia, in ActaMN, IV, 1967, S. 47-72.
10 D. Tudor, Oraşe, tîrguri şi sate din Dacia romană, Bucureşti 1968.
11 Istoria României, I, Bucureşti 1960; M. Macrea, Viaţa în Dacia romană, Bucureşti 1969.
12 M. Moga, I. I. Russu, Lapidariul Muzeului Banatului. Monumente epigrafice romane, Timişoara 1974.
13 Inscripţiile Daciei romane, III/1, Bucureşti 1977.
eundliche Mitteilung E. Iaroslavschi und O. Bozu.
14 N. Gudea, Limesul Daciei romane de la Traianus la Aurelianus, in ActaMP, I, 1977, S. 97-113.
15 Ders., The Defensive System of Roman Dacia, in Britannia, 10, 1979, S. 63-87; ders., Der dakische Limes. Materialien zu seiner Geschichte, in JRGZM, 44, 1997 (Sonderdruck).
16 L. Mărghitan, Banatul în lumina arheologiei, Bd. 2, Timişoara 1980.
17 O. Răuţ. O. Bozu, Armata romană în Banat, in Studii şi comunicări. Istorie (Caransebeş), 1979, S. 195-218.
18 D. Benea, Din istoria militară a Moesiei Superior şi a Daciei. Legiunea a VII-a Claudia şi legiunea a IIII-a Flavia, Cluj-Napoca 1983.
19 Dies., Numerus Palmyrenorum Tibiscensium. Contribuţii la istoria trupelor de palmyreni din Dacia, in Apulum, XVIII, 1980, S. 131-140; dies., Numerus Maurorum Tibiscensium. Contribuţii la istoria trupelor de mauri din Dacia, in Banatica, VIII, 1985, S. 139-154; dies., Die cohors I Vindelicorum ? c.R. p.f. in Dakien, in Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik. Festschrift für Artur Betz zur Vollendung seines 80. Lebensjahres (Hrsg. E. Weber und G. Dobesch), Wien 1985, S. 47-58.
20 N. Gudea, I. Moţu, Observaţii în legătură cu istoria Banatului în epoca romană, in Banatica, VII, 1983, S. 151-202.
21 I. Piso, Fasti provinciae Daciae. I. Die senatorischen Amtsträger, Antiquitas Reihe I, Bonn 1993.
22 Ebenda, S. 6 mit Anm. 32.
23 D. Benea, Banatul în timpul lui Traian, in AnBan, III, 1994, S. 309-321 und dies., Dacia sud-vestică în secolele III-IV, I, Timişoara 1996, II, Timişoara 1999.
24 M. Ðordević, Contributions to the Study of the Roman Limes in South Banat, in Roman Limes on the Middle and Lower Danube (Hrsg. P. Petrović), Belgrad 1996, S. 125-133; dies., Archaeological Sites of the Roman Period in Yugoslav Banat, in Studii de istorie a Banatului, XVII-XVIII (1993-1994), 1996, S. 23-43.
25 N. Gudea, Der dakische Limes. Materialien zu seiner Geschichte, in JRGZM, 44, 1997 (Sonderdruck).
26 E. Nemeth, Die südwestliche Grenze der römischen Provinz Dakien. Allgemeine Bemerkungen, in AnBan, VII-VIII, (1999-2000), 2000, S. 387-392; ders., Graniţa de sud-vest a Daciei romane. Probleme actuale, in Studii de istorie antică. Omagiu profesorului Ioan Glodariu, Cluj-Napoca 2001, S. 411 ff.


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